Wie CompBioMed den Einsatz von computergestützten Methoden in Medizin und Pharmaforschung voranbrachte

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In den letzten zehn Jahren hat das Exzellenzzentrum CompBioMed am Virtuellen Menschen gearbeitet, einem digitalen Zwilling des Menschen. Jetzt gilt es Fragen zur Nutzung persönlicher Gesundheitsdaten zu klären und wie Patienten diese ohne Risiken speichern und organisieren können

 

Die Ergebnisliste ist lang: 310 wissenschaftliche Beiträge, zwei Bücher, zwei Filme ein gutes Dutzend Software, Tools und Datenbanken sind bei CompBioMed entstanden. Finanziert aus dem Horizon 2020-Programm der Europäischen Union haben sich in den letzten zehn Jahren 52 Hochschulen, Unternehmen und Forschungsinstitute wie das Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) mit der Digitalisierung in der Medizin sowie mit der computergestützten Entwicklung von neuen Medikamenten beschäftigt. "Wie CompBioMed wirkt, hat einer der Evaluatoren gut ausgedrückt: Er sagte, die Software und die Methoden, die während des Projektes entwickelt wurden, sind für sehr viele Menschen und für die Zukunft von großem Nutzen. Das freut mich wirklich, darauf können wir stolz sein", sagt Peter Coveney. Der Professor für physikalische Chemie und Informatik leitete das internationale Centre of Excellence ComBioMed und lehrt am University College London (UCL) sowie an den Universitäten Amsterdam und Yale: „Es ist gut, dass sich die mechanistische Modellierung und andere Berechnungs- oder Vorhersagemethoden in der Biologie und Medizin durchzusetzen beginnen, denn auf lange Sicht werden wir nur so weitere Fortschritte erzielen."

Digitale Modelle von Organen und Muskeln

Im Zentrum der beiden CompBioMed-Projekte stand der Virtual Human, ein digitaler Zwilling des Menschen, der einerseits Ärztinnen bei Behandlungen unterstützen, andererseits auch die Entwicklung von Arzneien und neuen Behandlungsmethoden beschleunigen soll. Digitale Zwillinge des Menschen werden Teil der Zukunft der Medizin sein. Die Erstellung präziser, originalgetreuer Modelle von Menschen ist eine gewaltige Aufgabe, und CompBioMed hat auf verschiedene Weise dazu beigetragen”, berichtet Coveney. „Wir sprechen allerdings noch lange nicht über die digitale Darstellung eines kompletten Menschen. Es geht eher um Komponenten des menschlichen Körpers, die auf Supercomputern genau simuliert werden können.“ Die Simulationen, die unter anderen an den Supercomputern des LRZ berechnet wurden, können helfen, medizinisches Fachpersonal in Behandlungsmethoden zu schulen. Werden sie mit individuellen Patientendaten gefüttert, können Medizinerinnen damit die Wirkung von Medikationen ausprobieren. Nicht zuletzt ersetzen Simulationen bereits die Tests von Arzneimitteln an Menschen: Medizinische Daten müssen so sicher sein, dass sie zur Unterstützung von Therapien und Behandlungen von Patienten verwendet werden können, aber kein persönliches Risiko darstellen. Die Datensicherheit ist eine der größten Herausforderungen für die Digitalisierung im Gesundheitswesen“, gibt Coveney zu bedenken. „Andererseits ist es gut, Daten zu erhalten – Künstliche Intelligenz wird in all diesen Diskussionen zum digitalen Zwilling und zu Gesundheitsdaten schnell ein Thema, und KI braucht Zugang zu Daten, damit statistische Modelle und neue Methoden wie Mustererkennung zum Einsatz kommen können. Aber das führt zu einer Menge ethischer und moralischer Fragen.” Ähnlich wie ihre Bankkonten und Finanzmittel, fordert Coveney, sollten Patientinnen ihre Gesundheitsdaten in Zukunft sicher aufbewahren, organisieren, für digitale Untersuchungen oder auch für Studien bereitstellen können.

Mit Modellen interagieren wie in Spielen

Wichtiger Teil des Virtual Humans von CompBioMed sind außerdem Visualisierungen von Simulationsdaten. So wurden am LRZ der Blutkreislauf im Unterarm sowie im Gehirn veranschaulicht und dabei Workloads und ein Toolset entwickelt, mit dem vergleichbare Prozesse in Organismen abgebildet werden können. „ Visualisierung ist für unsere Arbeit sehr wichtig”, sagt Coveney. “Ich setze mich immer für ein Szenario ein, in dem man eine zuverlässige Simulation hat, mit der man so interagieren kann, wie man es mit Videospielen tut.”

CompBioMed hat eine Menge Anstöße zur Digitalisierung in der Medizin und Pharmaforschung gegeben, ob für das produktive Projekt eine dritte Phase finanziert wird, ist zurzeit fraglich. "Solle es ein neues CompBioMed Projekt geben, soll Quantencomputing definitiv ein Forschungsaspekt sein," plant Coveney. "Quantencomputing in Verbindung mit klassischem Supercomputing könnte ein erster Schritt sein". Außerdem wichtig: die Beschleunigung des Supercomputings mit Hilfe von GPU und anderen Technologien sowie die Ergänzung von mathematischen Simulationen durch die Methoden der KI. (vs)


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CompBioMed: Zahlen & Fakten

  • 18 Haupt- und 52 assoziierte Partner 
  • 310 Wiysenschaftsbeiträge, 2 Bücher, 2 Filme
  • 139 Veranstaltungen, 26 Workshops,
  • Mit Ausbildung, praktischen Übungen, Informationen, Software-Entwicklungen wurden rund 190 Mio. Menschen erreicht
  • Förderung: Horizon 2020 Forschungs- und Innovationsprogramm der EU (No 675451 (phase 1), No. 823712 (phase 2)).
  • https://www.compbiomed.eu/
  • Software Hub: https://www.compbiomed.eu/compbiomed-software-hub/
  • Mahr Info und Filme: https://www.youtube.com/@computationalbiomedicine2363