In den letzten Jahren haben wir rechnergestützte Methoden in Medizin und Pharmaforschung stark vorangebracht

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Im Krankenhaus: In den letzten 10 Jahren hat das internationale Forschungsprojekt CompBioMed dazu beigetragen, dass Ärztinnen heute mehr und mehr Software und Tools nutzen können, um Behandlungen zunächst digital zu testen oder zu praktizieren. Foto: Irwa/Unsplash

Peter Coveney ist mit dem Ergebnis sehr zufrieden: "Wie CompBioMed wirkt, hat einer der Evaluatoren gut ausgedrückt: Er sagte, die Software und die Methoden, die während des Projektes entwickelt wurden, sind für sehr viele Menschen und für die Zukunft von großem Nutzen. Das freut mich wirklich, darauf können wir stolz sein", sagt der Professor für Physikalische Chemie und Informatik, der das CompBioMed Centre of Excellence leitete und am University College London (UCL) sowie an den Universitäten Amsterdam und Yale lehrt und forscht. "Es ist gut, dass sich die mechanistische Modellierung und andere Berechnungs- oder Vorhersagemethoden in der Biologie und Medizin durchzusetzen beginnen, denn auf lange Sicht werden wir nur so weitere Fortschritte erzielen." Das ehrgeizige, multi-nationale Projekt CompBioMed, an dem 52 Partner – Unternehmen, Universitäten, Forschungsinstitute wie das Leibniz-Rechenzentrum  (LRZ) – beteiligt waren, neigt sich nun dem Ende zu. Im Mittelpunkt von CompBioMed stand der Virtual Human, ein digitaler Zwilling des Menschen, der nicht nur Behandlungen und die Entwicklung neuer Medikamente voranbringen soll, sondern bei CompBioMed vor allem die Entwicklung vieler neuer, digitaler Methoden für Medizin und Pharmnaforschung, Pakete voller Software, Tools und Datenbanken sowie Visualisierungen und neue Technologien einleitete. Coveny resümierte die Arbeit und Ergebnisse von CompBioMed am Centre for Advanced Studies (CAS) der Ludwig-Maximilians-Universität München zusammen, wo er zwei Monate lang forschte, neue Projekte und Kooperationen initiierte und seinem nächsten Buch den letzten Schliff gab: "Ich fand hier eine inspirierende Atmosphäre, ein sehr gutes Umfeld für die Arbeit an meinem Buch und viele interessante Gesprächspartner."

Das Exzellenzcluster CompBioMed ist zu Ende gegangen - sind Sie mit dem Erreichten zufrieden?  Prof. Peter Coveney: Lassen wir die Zahlen für sich sprechen: mehr als 200 Publikationen, rund 60 weiterverwertbare Forschungsdatensätze, etwa zwei Dutzend Softwares, digitale Werkzeuge oder Algorithmen zur Überprüfung und Verarbeitung medizinischer Daten – ja, ich glaube, dass der Einfluss von CompBioMed auf die Medizin, die pharmazeutische Forschung und das Bioengineering enorm war. Wir hatten vor kurzem unsere abschließende Prüfung durch die EU-Kommission für Horizon 2020, und die Prüferinnen waren wirklich beeindruckt. Aber das sind nur die Ergebnisse der zweiten Phase des Projekts. In den vier Jahren davor war das Center of Excellence ähnlich produktiv. In den letzten zehn Jahren haben wir den Einsatz von computergestützten Methoden in der Medizin und der Arzneimittelentwicklung stark vorangebracht. Die COVID-Pandemie hat uns die Gelegenheit gegeben, in der Praxis zu beweisen, dass diese Methoden die Entwicklung neuer Medikamente tatsächlich um ein Vielfaches beschleunigen können.

Können Sie die Rolle des Supercomputers bei den CompBioMed-Projekten beschreiben? Coveney: Bei Projekten wie CompBioMed ist der Zugang zu leistungsstarken Supercomputern unerlässlich. Mit ihnen können wir Dinge tun, die bisher in der Biologie und Medizin noch nicht möglich waren, etwa mathematische Modelle verwenden, die den menschlichen Körper abbilden und mit denen vorherzusagen ist, was im Körper oder bei Behandlungen passieren wird. Biologinnen und Ärzte sind noch nicht an das Supercomputing gewöhnt, weshalb man oft hört, dass die Modellierung des menschlichen Körpers viel zu komplex ist. Aber leistungsstarke Computer haben jetzt eine Größenordnung erreicht, in der sie diese Aufgabe bewältigen können. Aus diesem Grund waren die Supercomputer des LRZ, des Barcelona Supercomputing Centre und des Argonne National Lab ein wesentlicher Bestandteil von CompBioMed.

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Der CompBioMed Software Hub

Software, Tools, Datenbanken, sowie KI-Modelle, die AI bei CompBioMed entstanden:
Alya: Framework für das Modellieren von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
BAC: Simulations-Workflow zur Automatisierung von Ensemble-Simulationen der Molekulardynamik und Berechnungsprotokollen der freien Energie
BoneStrength: In-Silicio-Versuchstechnologie zur Simulation der Wirkung von Osteoporose-Medikamenten
Computed Tomografy to Strength (CT2S): Online-Dienst zur Vorhersage des individuellen (Oberschenkel-)Frakturrisikos
IMPECCABLE workflow: eine skalierbare Infrastruktur zur Entdeckung verbesserter Wirkstoffe gegen SARS-CoV-2
HemeLB: Code zur makroskopischen 3D-Blutströmungssimulation
HemoCell: HPC-Suspensionscode, der in erster Linie für Blutflusssimulationen gedacht ist
MonoAlg3D_C: GPU-kompatibles Framework zur Modellierung der Elektrophysiologie des menschlichen Herzens
openBF: validierte Open-Source-Software zur Simulation des Blutflusses in Netzen elastischer Arterien
Palabos: Simulationscode für komplexe Flüssigkeitsströmungen
PlayMolecule: Webservice für die Arzneimittelforschung, der tools zur Beschleunigung von Arbeitsabläufen in der Arzneimittelforschung bietet
Predicting AMR: KI-Modell zur Vorhersage von Antibiotikaresistenzen
TIES: Sammlung von Softwarepaketen zur Berechnung der freien Energien von Protein-Ligandenbindungen
TorchMD-NET: ein auf PyTorch basierendes KI-Modell-Paket neuronaler Netzarchitekturen für das Lernen molekularer, interatomarer Potentiale
UVA: Datenbank mit Zellsimulationen aus Untersuchungen mit HemoCell
UOXF: Datenbank für In-silico-Populationen für die Simulation von Herzerkrankungen
UNIBO: Synthetischer Kohortengenerator auf der Grundlage von 94 CT-basierten Finite-Elemente-Modellen des Oberschenkels aus der Sheffield-Kohorte
Mehr Informationen: https://www.compbiomed.eu/compbiomed-software-hub/
Expertinnen von CompBioMed beraten Forschende im Slack-Kanal In Silicio World sowie auf der Website CompBioMed.eu


Eines der Ziele war der Virtual Human. Wie weit ist diese Arbeit gediehen? Coveney: Digitale Zwillinge des Menschen werden Teil der Zukunft der Medizin sein. Die Erstellung präziser, originalgetreuer Modelle von Menschen ist eine gewaltige Aufgabe, und CompBioMed hat auf verschiedene Weise dazu beigetragen. Wir sprechen allerdings noch lange nicht über die digitale Darstellung eines kompletten Menschen. Es geht eher um Komponenten des menschlichen Körpers, die auf Supercomputern genau simuliert werden können. Dabei ist auch zu bedenken: Beim Simulieren erhält man in der Regel Informationen. Vor jedem neuen Schritt zu einem digitalen Zwilling versucht man, das Modell noch viel enger mit dem menschlichen Subjekt zu verknüpfen. Dieser fortlaufende und wiederkehrende Prozess stellt sehr hohe Anforderungen an die Verwaltung experimenteller oder klinischer Daten und an die verschiedenen Bildgebungstechnologien, die verwendet werden, um diese Informationen ins Modell einzubringen. In diesem speziellen Fall geht es um Menschen und ihre persönlichen Daten. Wollen wir den virtuellen Menschen wirklich personalisieren, müssen die Menschen zustimmen, dass ihre Daten in digitalen Modellen verwendet werden. Sind sie schon bereit, ihre Daten mit einem Computer zu teilen?

Sind sie das? Immerhin verwenden viele Menschen bereits Geräte zur Überwachung ihrer Gesundheitsdaten. Coveney: Die ständige Überwachung von allem geht vielleicht zu weit. Aber es ist auch klar, dass die Ärzteschaft viele Menschen auf der ganzen Welt im Stich lässt. Es gibt inzwischen so viele Informationen im Internet, dass Patientinnen leicht feststellen können, dass sie nicht richtig behandelt werden. Viele von ihnen berichten davon, dass Ärzte nicht in der Lage waren, sie von einem Leiden zu heilen, sie aber selbst eine Lösung im Internet finden konnten. Das ist ein Teil des Problems im Gesundheitswesen: Ärzte und Ärztinnen verhalten sich ein wenig wie KI-Systeme. Sie haben große Erfahrung mit vielen Patienten sowie eine allgemeine Vorstellung davon, was los ist. Aber wenn es darum geht, einen bestimmten Menschen zu behandeln, sind sie in der Regel nicht mehr so gut, weil sie versuchen, Durchschnitts-Patientinnen zu therapieren.

Können persönliche Tracking-Daten die Medizin oder Behandlungsmethoden verbessern? Coveney: Gegenwärtig kann man viele Patientinnendaten zu Forschungszwecke erhalten, solange sie anonymisiert sind. Aber das ist nur der erste Schritt, wir wollen ja eigentlich spezifische Modelle einer bestimmten Person erstellen. Medizinische Daten müssen so sicher sein, dass sie zur Unterstützung von Therapien und Behandlungen von Patienten verwendet werden können, aber kein persönliches Risiko darstellen. Die Datensicherheit ist eine der größten Herausforderungen für die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Andererseits ist es gut, Daten zu erhalten – Künstliche Intelligenz wird in all diesen Diskussionen zum digitalen Zwilling und zu Gesundheitsdaten schnell ein Thema, und KI braucht Zugang zu Daten, damit statistische Modelle und neue Methoden wie Mustererkennung zum Einsatz kommen können. Aber das führt zu einer Menge ethischer und moralischer Fragen, jeder kann sehen, wie Unternehmen viel Geld damit verdienen, dass sie mit Daten von Menschen handeln, ohne dass diese etwas davon wissen oder ihre Zustimmung geben können. Das besorgt mich sehr. Und noch etwas: Im Gesundheitswesen kann ich viele Daten über Einzelpersonen erhalten und Vorhersagen über ihren allgemeinen Gesundheitszustand und ihr Wohlbefinden machen. Das aber ist meiner Meinung nach keine wirklich personalisierte Medizin. Es ist eine wahrscheinlieche Vorhersage des Gesundheitszustands einer Person auf der Grundlage statistischer Daten von vielen. Warum sollte das eine gute Idee sein?

Für eine personalisierte Medizin mit digitalen Zwillingen sollten wir also die Gesundheitsdaten einer einzelnen Person haben, und zwar so vollständig wie möglich und von jedem Tag? Coveney: Ja, aber es gibt eine Menge Missverständnisse über digitale Zwillinge und Daten. Man denkt vielleicht an einen ganzen Menschen, aber in der Praxis betrachten Ärzte nur einen Teil eines Menschen, zum Beispiel das Herz. Menschliche Herzen existieren bereits in Computern, sie basieren auf Bildgebungstechnologie und deren Anpassung an die Software. Auf diese Weise kann ein Modell für einen bestimmten Patienten oder sogar für eine ganze Population echter Menschen erstellt werden. Man könnte damit so genannte In-silico-Studien durchführen, um Tests an echten Menschen zu ersetzen, etwa für Medikamentenstudien. Man kann die Wirkung des Medikaments auf das menschliche Herz testen, aber nicht nur im Durchschnitt, sondern individuell für einzelne Patienten, deren Modelle verfügbar sind. Eines der an CompBioMed 2 beteiligten Unternehmen, ELEMBIO, entwickelt solche Testmethoden. Mit In-silico- oder virtuellen Studien können wir die Risiken von Nebenwirkungen beim Menschen vermeiden und die Ergebnisse klinischer Studien verbessern, weil wir die Bevölkerung statistisch recht genau abbilden können.

Werden Computermodelle und In-silico-Verfahren in der Pharmaindustrie bereits in großem Umfang eingesetzt? Coveney: Ich betrachte die Arzneimittelforschung als Teil des virtuellen Menschen. Um herauszufinden, welche Medikamente den einzelnen Menschen verabreicht werden sollen, benötigt man dieselbe Art von Daten, auch wenn die medizinischen Behandlungen unterschiedlich sind. Ein Großteil der Molekularforschung konzentriert sich auf die Entdeckung von Medikamenten, die zur Behandlung größerer Organsysteme eingesetzt werden können. Doch die globale Pharmaindustrie schreibt keine Erfolgsgeschichte. Statistiken zeigen, dass es im Durchschnitt zehn Jahre dauert, ein Medikament zu entwickeln, das kann dann rund 3 Milliarden Dollar kosten. Funktioniert ein Medikament, wird es eingesetzt. Ein erfolgreiches Mediklament wird schätzungsweise von etwa der Hälfte der Bevölkerung verwendet, doch in der Regel wirken Medikamente bei viel weniger Menschen, außerdem treten Nebenwirkungen auf. Wir müssen künftig in der Lage sein, gezielter Medikamente zu entwickeln, die dann auch bei verschiedenen Menschentypen wirken.

Der digitale Zwilling für personalisierte Behandlungen erfordert eine Menge sehr sensibler persönlicher Daten über eine Person, die so lange wie möglich gespeichert werden. Sind wir dazu bereit? Coveney: Das ist eine Frage, die sich jetzt stellt. Wir müssen die Menschen über diese Technologien informieren, und wir müssen uns mit den ethischen, moralischen und anderen Fragen auseinandersetzen. In einigen Umfragen, die CompBioMed durchgeführt hat, haben wir festgestellt, dass viele Menschen sehr an der Digitalisierung der Medizin interessiert sind. Letztendlich geht es darum, die persönliche Souveränität über die eigenen Daten zu erlangen. Man hat seine eigenen Daten und kann mit ihnen machen, was man will. Viele von uns glauben, dass medizinische Daten in Zukunft so verwaltet werden, wie heute die Bankkonten der Menschen verwaltet werden. Die Menschen wickeln ihre Finanzgeschäfte elektronisch ab, weil das viel bequemer ist. Das Gleiche gilt für die Gesundheitsfürsorge, das bedeutet, man wird nicht mehr an bestimmte Krankenhäuser oder Ärztinnen gebunden sein. Man kann sich für virtuelle Studien anmelden. Und Sie können Ärztinnen auf digitalem Wege konsultieren. Wenn Sie daran interessiert sind, Ihren Lebensstil positiv zu beeinflussen – also Ernährung, Bewegung und mehr – können Sie das digital tun.

CompBioMed hat mit dem LRZ Vorgänge in menschlichen Organen, wie zum Beispiel den Blutfluss, visualisiert. Wie wichtig sind Visualisierungen für die Medizin der Zukunft? Coveney: Die Visualisierung ist für unsere Arbeit sehr wichtig. Filme können sehr erfolgreiche wissenschaftliche Prozesse sein. Ich setze mich immer für ein Szenario ein, in dem man eine zuverlässige Simulation hat, mit der man so interagieren kann, wie man es mit Videospielen tut. Dies gibt der Ärzteschaft die Möglichkeit, mit Was-wäre-wenn-Szenarien zu arbeiten, bevor sie einen invasiven Eingriff vornehmen. Die Qualität der Visualisierung hängt von der Komplexität des Modells ab, davon, wie schnell man es laufen lassen kann und wie schnell man tatsächlich damit interagieren kann.

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Facts & Figures

Während der zweiten Phase von CompBioMed kam es zum Brexit, wie hat sich das auf das Projekt ausgewirkt? Coveney: Der Brexit hat sich sehr nachteilig ausgewirkt, insbesondere für Wissenschaft und Forschung. Er hat Barrieren für die Kommunikation und Zusammenarbeit geschaffen. Definitiv eine schlechte Sache. CompBioMed hatte wegen des Brexit einige schlechte Momente. Ich habe bemerkt, dass es erhebliche Schwierigkeiten im Umgang mit der Kommission gab, aber überhaupt nicht zwischen den Partnern des Projekts. Ich bin froh, dass wir den Brexit ohne größere Schäden für unsere Arbeit überstanden haben.

Wie geht es mit dem Center of Excellence weiter? Coveney: Es hat bis 2023 gedauert, bis die britische Regierung endlich zugestimmt hat, sich an Horizon Europe zu beteiligen. Darüber hinaus wurde alles, was mit dem Hochleistungsrechnen in Europa zu tun hat, Teil des gemeinsamen Unternehmens EuroHPC. Es scheint jedoch, dass sich EuroHPC derzeit mehr auf Fragen der Hardwareentwicklung als auf Forschungsprojekte konzentriert. Daher weiß ich leider nicht, ob wir CompBioMed fortsetzen können.

Sie haben die letzten zwei Monate in München am CAS der LMU verbracht – was haben Sie hier gemacht? Coveney: Zunächst einmal das Alltägliche – ich besuche regelmäßig Leute aus vielen Kooperationen, auch am LRZ. Wir diskutieren gerne über die Zukunft, wohin sich die Technologie entwickelt, und die Leute in Garching interessieren sich für das Quantencomputing. Es kann heute noch nichts wirklich Bedeutendes bieten, aber vielleicht wird es das in naher Zukunft. Es ist eine Art Wette. Wenn wir ein weiteres CompBioMed-Projekt bekommen, würde ich das Quantencomputing einbeziehen. Die Zusammenführung von Quantengeräten und Supercomputern ist jetzt ein wesentlicher Schritt, denn wir können mit dieser Technologie nur in einem hybriden Aufbau beginnen. Wir müssen sie wie Graphics Pprocessing Units oder GPU und andere Beschleuniger integrieren. Das Quantencomputing muss als ein neuer Teil des Supercomputers gesehen werden, wenn es wirklich nützlich sein soll. Ein weiterer Grund für meinen Aufenthalt – München ist ein Ort, den ich sehr mag. Als ich noch jünger war, habe ich hier Deutsch gelernt. Und natürlich bieten mir das Center for Advanced Studies und der LMU-Lehrstuhl für Informatik weitere Möglichkeiten. Also ich habe hier einen inspirierenden Geist, ein sehr gutes Umfeld für die Arbeit an meinem Buch und viele interessante Menschen gefunden, mit denen ich mich unterhalten kann.

Worüber schreiben Sie? Coveney: Über Molekulardynamik, genauer gesagt über Wahrscheinlichkeit und Unsicherheit. Die Molekulardynamik ist eine Wissenschaft, die seit etwa 60 Jahren Computer einsetzt, Supercomputing gehört zu ihren Methoden. Wahrscheinlich bis zur Hälfte eines großen nationalen Supercomputers wird für Molekulardynamik-Simulationen verwendet. In meinem Buch geht es um deren Unvorhersehbarkeit und Wahrscheinlichkeit. Es ist wie bei der Wettervorhersage: Berechnet man eine Wetterprognose auf einem Computer, weiß jeder, dass es eine enorme Unsicherheit gibt und dass man das Wetter am nächsten Tag nicht mit einer einzigen Simulation vorhersagen kann. Man braucht viele Simulationen dazu und damit einen Supercomputer. Der Unterschied zur Molekulardynamik besteht darin, dass die Leute noch nicht wirklich verstehen, dass diese Wissenschaft dieselben Einschränkungen wie Wettervorhersagen hat. Man braucht eine statistisch robuste Stichprobe. Molekulardynamik ist aber chaotisch. Ändern sich die Ausgangsbedingungen für eine Simulation nur geringfügig, kann sich das spätere Verhalten ganz anders darstellen. Wir müssen also ein besseres theoretisches Verständnis der Molekulardynamik entwickeln, damit wir die Wahrscheinlichkeit und die damit verbundene Unsicherheit der Vorhersagen verstehen. Es mag überraschen, dass dies in der Wissenschaft noch nicht richtig verstanden wird.
Dann wünschen wir Ihnen weiterhin Erfolg beim Schreiben und Forschen. Danke für das Interview. (Interview: vs/LRZ)

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Prof. Peter Coveney beim Gespräch im Garten des Center for Advanced Studies in München. Sein
Buch "molecular Dynamics: Probability and Uncertainty" wird 2025 bei Oxford University Press
erscheinen