Klassische Archäologie
Analoge und Digitale Formanalyse antiker Statuen
Die Skulptur des antiken Griechenland, die die europäische Kunst bis in das 19. Jh. über drei Renaissancen stark geprägt hat, ist fast nur in römischen Kopien überliefert. Die ursprünglichen Bilderfindungen der griechischen Künstler kennen wir kaum. Seit langem versuchen die Klassischen Archäologen so nah wie möglich an diese Bilderfindungen und ihren Entstehungskontext heranzukommen. Sie sammeln und vergleichen antike Repliken, untersuchen die Originale vor Ort, machen Fotografien und Gipsabgüsse. Doch die visuelle Analyse allein ist zu wenig. Es muss auch geklärt werden, wie der antike Steinbildhauer arbeitete, denn die Kopien entstanden durch das Übertragen von Messpunkten vom Modell auf die Replik (Maßstab 1:1; ratio bei Verkleinerung oder Vergrößerung).
Seit einigen Jahren bearbeitet Prof. Haga (Sendai) ihre archäologischen Fragestellungen mit der heutigen, automatisierten Form der Maßanalyse, dem 3D-Scanning. 2012 erweiterte sie ihr Team aus Tokyo um das LRZ und das MFA in München.
Die Arbeiten erstrecken sich nicht nur auf die Ermittlung verlorener griechischer Originale, sondern auch auf die Porträtproduktion der Römischen Kaiser. In der Antike gab es keine Medien wie Fernsehen oder Fotografie. Also machte sich der Kaiser stellvertretend durch Porträts beim Volk bekannt. Mit Statuen, Büsten, Malerei und vor allem auch Münzen, die viele Menschen täglich in der Hand hielten. Mit dem Bild des Kaisers sollten die Menschen auch seinen Regierungsstil und seine Regierungsziele kennen und verstehen lernen.
Durch die Forschungen von Kyoko Haga eröffnet sich zum ersten Mal in der Geschichte der Klassischen Archäologie ein ‚objektiver‘ Blick auf die Arbeit römischer Kopisten, der das bisherige Verständnis antiker Skulpturen revolutionieren wird.
Zwei Tools zur Auswertung der Daten müssen dazu programmiert werden:
für den visuellen Vergleich der
• Volumina (bisher sog. „Lockenzählen“)
• Profillinien und Schnitte
Damit werden wir den römischen Kopisten zum ersten Mal „über die Schulter schauen“ können!
Kontakt
Dr. Ingeborg Kader
Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke München
Katharina-von-Bora-Straße 10
80333 München
http://www.abgussmuseum.de/
Prof. Kyoko Sengoku-Haga
Aesthetics and Western Art History
Tohoku University
Sendai, Japan
Prof. Katsushi Ikeuchi
Computer Vision Laboratory
The University of Tokyo
http://www.cvl.iis.u-tokyo.ac.jp/
Publikationen
Kader I., K. Sengoku-Haga, C. Anthes, K. Ikeuchi. Archäologische Sehschule 2.0 In Akademie Aktuell, Band 53, Heft 2, S.72-77, Mai 2015