Effiziente Hilfe beim Supercomputing

Forschende brauchen technische und organisatorische Unterstützung beim Supercomputing: Dafür bieten alle High Performance Computing-Zentren im Gauss Centre for Supercomputing (GCS) ein Mentoring-Programm. Vom Antrag auf Rechenzeit bis zur Auswertung von Simulationsergebnissen begleiten die Mentor:innen aus dem CXS-Team des Leibniz-Rechenzentrums dafür Forschungsprojekte.

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Beraten, neue Möglichkeiten aufzeigen. Codes optimieren: Mentor:innen des LRZ helfen beim Supercomputing. Foto: J. Schnobrich/Unsplash

Radarsatelliten nehmen auch bei Wolken Bilder von der Erde auf. Dazu schicken sie ihre Signale zur Erde und empfangen deren Echo. Durch komplexe Prozesse entstehen so Abbildungen, die aus Millionen von Pünktchen Strukturen auf der Oberfläche zusammensetzen. Sie machen Straßen erkennbar, Grünflächen, sogar unterschiedlich hohe Bauten. Aus Massen dieser Bilder erstellt ein Team um die Datenwissenschaftler:in Professorin Xiaoxiang Zhu und Dr. Yuanyuan Wang am SuperMUC-NG dreidimensionale Stadt- und Gebäudemodelle für die Technische Universität München (TUM) und für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Damit kann die Urbanisierung erforscht werden: „Die größte Herausforderung bei unserem Projekt ist die Speicherung von Petabytes an Daten“, erklärt Wang.

Hilfe bei High Performance Computing- oder HPC-Projekten bietet jetzt ein Mentoring-Programm des Gauss Centre for Supercomputing  (GCS), zu dem das LRZ gehört. „Rechenzeit und Supercomputing-Ressourcen sind wertvoll, wir möchten, dass sie effizient ausgenutzt werden“, erklärt Dr. Gerald Matthias, der den Computational X Support am Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) leitet. „Deshalb betreuen wir Rechenprojekte seit Ende 2019 intensiv und stellen Forschenden jeweils eine:n Ansprechpartner:in zur Verfügung.“ Etwa bei der Hälfte der Rechenprojekte am SuperMUC-NG, die durchaus Jahre dauern, kommen Fragen zu Software und Codes oder zum Umgang mit riesigen Datensätzen auf. Alle 6480 Rechenknoten des SuperMUC-NG mit einem Algorithmus anzusprechen, das ist außerdem eine Kunst für sich und gelingt Forschenden meist mit Hilfe ihrer Mentor:innen: „Bei Anwender:innen stehen Simulationen und Daten im Vordergrund, nicht unbedingt Computertechnik“, meint Matthias. „Sie sind ja in erster Linie Wissenschaftler:innen, die für ihre Projekte Applikationen entwickeln.“

Optimieren, Beraten, Nachfragen

So benötigte Wang Rat zur Datenspeicherung: Um Unschärfen oder das Signal-Rausch-Verhältnis auf Radarbildern auszugleichen, durchlaufen diese vor der eigentlichen Auswertung Filter, werden dabei automatisiert optimiert und bei Bedarf noch durch weitere Informationen und Daten ergänzt. Selbst Supercomputer geraten bei solchen Arbeiten schnell an Grenzen. Der Mentor des Projektes am LRZ, der promovierte Seismologe André Kurzmann, öffnete das neue Data Science-Storage-System, damit Bild- und Simulationsdaten ausgelagert werden konnten.

Die Mentor:innen helfen außerdem bei der Optimierung und Implementierung von Algorithmen, öffnen die Türen zu anderen LRZ-Teams, etwa wenn Forschende Verfahren von Künstlicher Intelligenz (KI) benötigen, wenn es um die Katalogisierung und Suchbarkeit von Forschungsergebnissen geht oder Simulationen visualisiert werden sollen: „Als Mentor schaue ich auch darauf, wie das Projekt vorankommt, und frage nach, wenn lange nichts passiert oder gerechnet wird“, berichtet Kurzmann. „Viele unserer Nutzer:innen scheuen sich, bei Problemen selbst auf uns zuzugehen. Und so steigt die Gefahr, dass Rechenzeit nicht aufgebraucht und Projekte abgebrochen werden.“

Kurzmann und seine 10 Kolleg:innen sind daher von Anfang in die Projekte involviert, können HPC-Software für die geplanten Berechnungen oder Strategien zur Bearbeitung von unstrukturierten Daten empfehlen, unterstützen bei technischen Fragen oder klären Details zum Rechenzeit-Antrag und bei Bedarf zu dessen Verlängerung. Neben Astrophysik, Medizin, Natur- und Ingenieurswissenschaften sind im Team diverse Wissenschaftsdisziplinen vertreten, nach Möglichkeit werden Projekt und Mentor:in fachspezifisch zusammengeführt. Das Projekt von Zhu und Wang startete 2017, inzwischen liegen die ersten 3D-Stadtmodelle vor und werden bearbeitet und näher erforscht: „Durch den direkten Ansprechpartner am LRZ können wir Probleme schneller an die Person adressieren, die für eine Lösung sorgt“, sagt Wang. Nebeneffekt des Mentorings: Die Kontakte vertiefen sich, neue Verbindungen zu potenziellen Förderungen oder anderen Projekten werden geschaffen. „Über André Kurzmann haben wir neue Kooperationen mit dem LRZ aufgebaut, er ist inzwischen als wissenschaftlicher Berater auch in unserem ERC-Projekt So2Sat tätig und nimmt am jährlichen Projekttreffen teil.“ (vs)


„Kurze Reaktionszeit fördert das Projekt“

Der Physiker Prof. Dr. Francesco Knechtli und sein Team an der Universität Wuppertal beschäftigen sich mit der Quantenchromodynamik oder dem Aufbau von Hadronen aus Elementarteilchen und berechneten deren Energiespektrum am SuperMUC-NG.

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Prof. Dr. Francesco Knechtli
Universität Wuppertal

Was haben Sie berechnet oder modelliert? Prof. Dr. Francesco Knechtli: Unser Projekt befasst sich mit Hadronen, die aus einem Charm-Quark-Anti-Quark-Paar bestehen, das Charmonium. Wurde in Berechnungen des Energie-Spektrums die Paar-Vernichtung bisher vernachlässigt, rechnen wir diese Beiträge direkt aus, indem wir die Technik der Destillation für die Quarkfelder optimieren.

Wie hat Sie das HPC-Team dabei unterstützt? Knechtli: Wir analysieren Zehntausende von Konfigurationen der Gluonfelder. Um die verschiedenen Quantenzahlen zu rechnen, benötigen wir immens viel Arbeitsspeicher. André Kurzmann half uns auch bei der Abwicklung der Simulationen.

Welche technischen Probleme konnten Sie lösen? Knechtli: Kleinere Simulationen wurden gebündelt, um den Durchsatz von größeren Jobs zu erhöhen. Durch mehr Arbeitsspeicher konnten wir die Vorteile der Destillation voll auszunutzen. Das Projekt erhielt Zugang zum Data Science Archive und wir konnten Konfigurationen aus dem JUWELS-Supercomputer in Jülich zum SuperMUC-NG kopieren.

Wie puscht das Mentoring Projekte? Knechtli: Die kurze Reaktionszeit auf Fragen hat das Projekt gefördert.

Wie weit ist Ihr Projekt gediehen? Knechtli: Die Paar-Vernichtung von Charm-Quarks und Anti-Quarks trägt zur Masse des Charmoniums bei. Mit unseren Rechnungen ist es gelungen, diesen Effekt das erste Mal direkt zu berechnen, allerdings mit halb so schweren Charm-Quarks. Jetzt optimieren wir die numerischen Algorithmen, um in Zukunft das Charmonium wie in der Natur berechnen zu können.