„OpenWebSearch.EU ist ein offenes Projekt, in das sich andere einbringen können“

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Eine vertrauenswürdige Suche, die persönliche Daten ihrer Nutzer:innen schützt und europäische Gesetze integriert: Das ist das Ziel von OpenWebSearch.EU, einem europäischen Forschungsprojekt, an dem 14 Universitäten, Institute und Rechenzentren, darunter das Leibniz-Rechenzentrum (LRZ), beteiligt sind. Zum Plan gehört, externe Forschungsgruppen und Unternehmen an Fragen und praktischer Umsetzung zu beteiligen. Dazu läuft gerade die erste öffentliche Ausschreibung von OpenWebSearch.EU, sie endet am 28. April. Gefragt sind Studienthemen rund um wirtschaftliche und rechtliche Fragen einer offenen Suche, außerdem Technologiekonzepte zur Verwaltung von Daten nach europäischen (Datenschutz)Rechten. Welche Strategie hinter dieser für Forschungsprojekte ungewöhnlichen Maßnahme steckt, wer sich bewirbt und wer die Einsendungen beurteilen wird – das beschreiben Prof. Michael Granitzer von der Universität Passau, der das Projekt leitet, und Dr. Megi Sharikadze vom LRZ, die die Ausschreibungen und externen Mitdenker:innen koordiniert.

Sind solche Ausschreibungen an Externe eigentlich üblich in europäischen Projekten oder ist das bei OpenWebSearch.EU ein Novum? Prof. Dr. Michael Granitzer: Normalerweise sind Ausschreibungen an Dritte nur in wenigen Forschungsprojekten üblich. OpenWebSearch.EU ist in der Next Generation Internet oder NGI-Initiative angesiedelt, einem Programm von Horizon Europe, das den Aufbau von Technologie zur dezentralen Datenverwaltung sowie eines Internets für Menschen nach europäischen Werten unterstützt. Und hier sind viele Projekte auf die Durchführung solcher Calls ausgelegt –Financial Support to Third Parties, oder kurz FSTP,  ist die offizielle Abkürzung. Bei OpenwebSearch.EU entwickeln wir sowohl Infrastruktur als auch Aufgaben für solche FSTP – das ist ein Novum.

Welche Strategie verbindet OpenWebSearch.EU damit? Granitzer: Wesentliche Strategie ist der Aufbau eines Ökosystems rund um den offenen Webindex. Die geplante Infrastruktur adressiert eine breite Gruppe von möglichen Stakeholdern – Internetnutzer:innen, Unternehmen mit eigener Forschungs- und Entwicklungsabteilung, Technologieanbieter:innen bis hin zur Wissenschaft. Diese möchten wir mit den Ausschreibungen direkt ansprechen und motivieren, sich mit der Websuche auseinanderzusetzen. Das Thema ist außerdem so breit, dass wir bei OpenWebSearch.EU nicht alles abdecken können. Daher hoffen wir auf regen Zuspruch aus der Community.

Wie sieht die Resonanz auf die Ausschreibungen bisher aus – melden sich eher Forschungsgruppen oder Unternehmen? Dr. Megi Sharikadze: Die Antragsteller:innen perfektionieren ihre Konzepte und Anträge oft bis zu den letzten Einreichungstagen. Da die Ausschreibung bis Ende April läuft, erwarten wir den Eingang vieler Anträge in der letzten Woche. Wir leisten mit dem offenen Webindex Pionierarbeit, die Informationen über die Ausschreibung dürften nur mit Verzögerung potenziell Interessierte erreichen – neue Themen brauchen Zeit, um bekannt zu werden. In jedem Fall freuen wir uns auf solide Konzepte und Beiträge von Gruppen aus Industrie und Wissenschaft.

Nach welchen Kriterien wählen Sie Gruppen aus? Sharikadze: Hauptkriterium ist, dass FSTP-Konzepte das Hauptprojekt OpenWebSearch.EU sinnvoll bereichern – indem sie entweder dabei behandelte Themen wie Datenschutz oder Kontrollmöglichkeiten für Nutzende ergänzen oder aber laufende technische Entwicklungsarbeiten zum offenen Webindex unterstützen. Granitzer: Nach dem 28. April werden die Bewerbungen von einem Ausschuss aus externen Experten und den Mitgliedern des OpenWebSearch.EU-Projekt bewertet, bis Ende Juni werden die Zuschläge erteilt sein. Wir hoffen auf viele gut ausgearbeitete Vorschläge, damit wir daraus die besten wählen können.

Erschweren solche Ausschreibungen die Koordination oder bringen sie neuen Drive ins Projekt? Sharikadze: Ich würde sagen beides. Natürlich stellen Ausschreibungen, die Auswahl der Einsendungen, vor allem die Einbindung von Dritten und die Verwaltung der Zuschüsse zusätzliche Aufgaben an die Projektkoordination und das Management. Aber durch das eigene Budget für Drittmittelprojekte wird OpenWebSearch.EU ein offenes Projekt, in das sich andere Partner:innen einbringen können. So gewinnen wir Mitdenker:innen, Mitgestalter:innen und Mitstreiter:innen.

Weitere Ausschreibungen sind geplant: Wann startet die nächste? Sharikadze: Dies ist die erste von insgesamt drei Ausschreibungen. Der nächste Aufruf wird Ende dieses Jahres veröffentlicht. Interessierte können sich auf der Webseite von OpenWebSearch.EU darüber informieren.

Knapp ein halbes Jahr nach dem Start – wie weit sind die Arbeiten am Webindex gediehen? Granitzer: Die grundlegende Organisation, also Projektmanagment, Meetings, Koordination Arbeitsgruppen, hat sich etabliert. Für die einzelnen technischen Arbeitspakete gibt es eine Roadmap, auf der die einzelnen Gruppen gut vorankommen. Das Crawling ist Anfang April gestartet, Vorverarbeitung von Daten und Indizierung von Webinhalten folgen im Juni und Juli. Wir hoffen, bis Ende September erste Teile des Indexes erstellt zu haben, wobei diese erste Version nur eine rudimentäre Textsuche abdecken wird. Vielleicht schaffen wir aber auch die Integration von Sprachmodellen. Grundlage ist, dass die Infrastruktur auf verschiedene, europäische Rechenzentren verteilt wird und insbesondere der Speicher auf Basis des Integrated Rule-Oriented Data Systems oder iROD, einer Open Source-Software fürs Datenmanagement. Daneben schreitet die Definition der Anwendungsfälle und Search Verticals voran, außerdem die Betrachtung rechtlicher, ethischer und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen. (Interview: S. Vieser)