Ein Portal für die Analyse von Wasser

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Regelmäßige Kontrolle: Die Qualität von Trinkwasser wird von den Wasserwerken regelmäßig kontrolliert, neuerdings hilft bei der Auswertung der Informationen Künstliche Intelligenz. Foto: Anderson Rian Klwak/Unsplash

Sauberes Wasser ist lebensnotwendig. Umso wichtiger ist es herauszufinden, was alles im Wasser enthalten ist. Schließlich experimentiert die Industrie mit immer neuen Chemikalien, die Landwirtschaft mit Düngemitteln und Pestiziden, und auch die Natur bringt regelmäßig neue Keime oder Biosubstanzen hervor. Doch wie das Unbekannte aufspüren? Dieser Frage widmet sich das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt K2I (Förderkennzeichen 02WDG1593 A-D), an dem neben dem Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) das Technologiezentrum Wasser (TZW), die Landeswasserversorgung Langenau (LW) sowie die Technische Universität München (TUM) beteiligt sind, als assoziierte Partner sind Labore weiterer Wasserversorger eingebunden. Ziel von K2I ist ein Portal mit Datenbanken, in dem Labore Analysedaten zur Wasserqualität speichern können: „Wir arbeiten gemeinsam an einer Cloudlösung, in der Wasserdaten standardisiert erfasst und mit Verfahren der Künstlichen Intelligenz ausgewertet werden“, präzisiert Viktoria Pauw, Mitarbeiterin im LRZ-Forschungsteam, das Vorhaben. „Dafür entwickeln wir außerdem Workflows und Analyse-Algorithmen.“

Kollektive und künstliche Intelligenz

Wasserversorger müssen wissen, was im Wasser enthalten ist und wie sie dieses aufbereiten: „Um die Einhaltung der Grenzwerte zu kontrollieren und die Wasserqualität zu bestimmen, untersuchen Labore mit Target-Analysen Wasserproben und bestimmen dabei die Werte von bekannten Substanzen, etwa von Härtebildnern wie Kalzium oder Spurenstoffen wie Rückstände von Pestiziden“, erläutert Uwe Müller, promovierter Ingenieur und Chemiker vom TZW, einer Einrichtung des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfachs (DVGW). „Die Herausforderung sind aber die Non-Target-Screenings, damit erkennen Sie die unbekannten oder nicht erwarteten Inhaltsstoffe im Wasser.“ Non-Target-Screenings (NTS), Suchen ohne definiertes Ziel, gelten als Königsdisziplin der Umweltanalytik, dafür werden in der Regel Flüssigkeitschromatographen an hochauflösende Massenspektrometer gekoppelt. Beide Gerätschaften messen die Molekulargewichte von Inhalten und ermöglichen damit die Bestimmung einzelner Substanzen. Doch diese Methode ist nicht nur teuer und aufwändig, weshalb sie eher selten zum Einsatz kommt. Sie produziert außerdem pro Stoff und Kontrolle Datenmengen bis zu 300 Megabyte und mehr – solche Volumina können Labore kaum ausführlich und vollständig auswerten. „Im Kollektiv funktioniert das besser“, sagt Tobias Bader, promovierter Chemiker von der Landeswasserversorgung in Langnau. „Bisher war es kaum möglich alle Interessen der Wasserwirtschaft unter einen Hut zu bekommen, die Wasserwerke tun sich in der Regel schwer damit, ihre Analysedaten zu teilen. Allmählich setzt aber ein Umdenken ein, weil wir gemeinsam mehr bewegen können.“

k2i

Auf dem geplanten Portal werden daher Probendaten unterschiedlicher Labore und Wasserversorger gesammelt, um ausreichend viele Analyseergebnisse aus Target- und Non-Target-Screenings zu bekommen, so dass Systeme der Künstlichen Intelligenz (KI) darin nach bekannten Mustern oder Anomalien suchen können. „Wir entdecken so leichter Ähnlichkeiten und Unterschiede in der Wasserqualität“, meint Müller. Die Suche nach unbekannten Mustern ließe sich so beschleunigen, die Quellen schädlicher Substanzen ließen sich schneller einkreisen. Nicht umsonst steht der Projektname K2I für „Künstliche und kollektive Intelligenz beim Spurenstoff-Tracking im Oberflächenwasser“: „Gemeinsam können wir uns bei den Auswertungen entweder auf wichtige Stoffe fokussieren oder aber die Relevanz neuer Muster oder Spurenstoffe besser einschätzen“, sagt Bader. „Taucht ein bestimmtes Muster in den Screenings anderer Labore und Wasserwerke ebenfalls auf, ist eine Substanz weit verbreitet. Erkenne ich sie nur in meinen Daten, kann ich gezielt Proben ziehen lassen und nach der regionalen Quelle suchen.“

Daten prozessieren und vereinheitlichen

Seit gut einem Jahr arbeiten die K2I-Teams an ihren Aufgaben. Insbesondere die Datenlage forderte zunächst Erfahrung und Ideen: „Wir hatten wenige Proben, Non-Target-Screenings sind teuer, wir führen etwa 100 pro Jahr durch, mindestens 1000 müssten es aber sein, um eine Künstliche Intelligenz mit den Ergebnissen zu trainieren“, berichtet Bader. „Wir haben daher bei anderen Instituten nachgefragt.“ Die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) steuerte Analysedaten bei, auch das Bayerische Landesamt für Umwelt und das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen. Weil aber Labore mit eigenen Geräten und Methoden arbeiten, liegen die Informationen und Messwerte oft in unterschiedlichen Formaten vor und müssen harmonisiert, standardisiert, auch dokumentiert werden. Einheitliche Workflows und Speicherprozesse bringen inzwischen die Vereinheitlichung der Daten voran, aber auch die Software von Envibee, einem Startup aus Zürich und ebenfalls Projektpartner: „Gelingt es, die Datenformate vergleichbar zu machen, ist das ein großer Sprung nach vorn“, erklärt Pauw. Dann könnten damit künstlich neuronale Netze auf das Erkennen von Mustern und die Zuordnung von Substanzen trainiert werden.

Zwischenzeitlich füllen sich die ersten Datenbanken mit Ergebnissen von Proben und Screenings. Auch mit Algorithmen für die smarte Wasseranalyse wird bereits experimentiert. „Im ersten Jahr haben wir eher konzeptionell gearbeitet, jetzt geht‘s richtig rein in die Praxis“, freut sich Chemiker Bader. „Die Prozessierung der Daten läuft jetzt auf den Servern stabil, wir bekommen fortlaufend neue Informationen, ich bin zuversichtlich, dass wir bis nächstes Jahr Technologie und Workflows für einen Portal-Prototypen entwickelt haben.“ Schon wird ein noch größeres Ziel angepeilt: ein Wasserportal für ganz Deutschland. Im Land laufen weitere, vergleichbare Forschungsprojekte zur laborübergreifenden Auswertung von Wasser-Screenings. Mit dem Umweltbundesamt, der Bundesanstalt für Gewässerkunde und der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins hat K2I schon diskutiert und die Grundlagen einer Zusammenarbeit ausgelotet. Werden die Ergebnisse und Technologien aller Projekte zusammengebracht, kann ein überregionales Test- und Warnsystem entstehen – und ein Datenschatz, der auch Forschende inspirieren dürfte. (vs)