Spannende Themen und starke Vorträge aus der Forschung

ISC2021

Logo und Motto der diesjährigen HPC-Kobferenz ISC. Design: ISC GROUP

„Shaping Tomorrow“ oder "das Morgen gestalten" lautet der diesjährige Slogan der ISC High Performance 2021. Wie im letzten Jahr wird die größte Supercomputing-Konferenz mit Ausstellkung in Europa vom 24. Juni bis 2. Juli 2021 wieder virtuell stattfinden. Zum zweiten Mal zeichnet ein Direktor des Leibniz-Rechenzentrums (LRZ) für das technische Konferenzprogramm verantwortlich: Nach Prof. Dr. Arndt Bode, der das Amt 2015 innehatte, wurde jetzt Prof. Dr. Martin Schulz von der Technischen Universität München (TUM) zum Program Chair ernannt und konnte mit seiner Stellvertreterin Prof. Keren Bergman persönliche Akzente im Ablauf, bei Themen und Vortragenden setzen: „Unser Anliegen war, weltweit Rednerinnen und Redner zu finden, die über neueste Technologien und Trends für das Supercomputing berichten und zukünftige Entwicklungen schon jetzt aufzeigen“, erzählt Schulz. Auf dem Leistungssprung zu Exascale-Systemen stehen während der ISC 2021 neue Konzepte zu Hard- und Software für das High-Performance Computing (HPC) im Mittelpunkt: „Allein fürs Contributed Program wurden 74 Paper, 30 Projektposter und 23 Workshop-Themen zu diesen Entwicklungen eingereicht“, berichtet Schulz. Ein Interview zur ISC 2021 Digital, das Programm und die Aufgaben des Program Chairs.

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Prof. Dr. Martin Schulz, Direktor des LRZ, TUM und Programm Chair der diesjährigen ISC. Foto:LRZ


Wie wird man eigentlich Program Chair und welche Aufgaben haben Sie? Prof. Dr. Martin Schulz: Das Organisationsteam der ISC hat mich 2019 gefragt, ob ich 2021 Programm Chair sein und als solcher das Konferenz-Programm mitgestalten möchte. In der Regel wird man im Vorjahr Stellvertreter und kann erstmal beobachten, wie alles abläuft. Als Program Chair arbeite ich jetzt eng mit dem ISC-Team zusammen. Mit meiner Stellvertreterin Keren Bergman, Professorin für Elektrotechnik an der Columbia University, berate ich das Team bei wichtigen Themen und Programmpunkten. Wir können im Veranstaltungsprogramm Akzente setzen und stimmen uns dazu mit weiteren Chairs ab, die sich zum Beispiel um die Auswahl von Vorträgen, Forschungs-Beiträgen oder Projektposter kümmern. Program Chair zu sein, bedeutet Teamwork, viel Diskussion und Abstimmung, wir entscheiden miteinander über Programmpunkte, suchen Vortragende und laden sie ein zu präsentieren.

Um welche Themen wird es bei der ISC 2021 gehen? Schulz: Neue Technologien oder „Emerging Technologies“ ist das übergreifende Thema der diesjährigen Konferenz. Das ist auch das Thema, das mir persönlich sehr am Herzen liegt, für die ich am Lehrstuhl für Rechnerarchitekturen und Parallele Systeme der TUM stehe und die ich als Direktor am LRZ vertrete. Das technische Konferenzprogramm der ISC setzt sich aus dem Contributed Program, also unterschiedlichsten Beiträgen aus der HPC-Community sowie dem Invited Program mit exklusiveren Vorträgen handverlesener Referentinnen und Referenten zusammen. In diesem Invited Program befassen wir uns mit System Architekturen, Technologien fürs Supercomputing, Performancefragen und die Kombination mit Verfahren künstlicher Intelligenz. Mein Kollege Hans-Joachim Bungartz, an der TUM Professor für wissenschaftliches Rechnen, hat übrigens die Vorträge rund um neue Anwendungen und Algorithmen zusammengestellt, Keren Bergman wiederum die zu innovativen Technologien.

Welche Ihrer Eigenschaften sind für die Position eines Program Chairs besonders gefragt? Schulz: Als Program Chair sollte man sich im Thema HPC gut auskennen und außerdem auf ein weites Netzwerk bauen können. Bevor ich letztes Jahr Deputy Chair wurde, war ich schon im Steering Committee oder Beirat der ISC eingebunden, davor PHD Forum Chair, Session Chair und Speaker. Damit hatte ich schon eine breite Vielfalt von Rollen eingenommen, die es bei der ISC gibt – das ISC-Team sucht naturgemäß einen Program Chair, der die Veranstaltung und die Philosophie dahinter kennt und nicht lange eingeführt werden muss.

Rechenoperationen
im Trillionenbereich

Was war Ihnen in diesem Jahr bei der Auswahl von Inhalten und Vortragenden besonders wichtig? Schulz: Unser Anliegen war, weltweit Rednerinnen und Redner zu finden, die man zu den neuen Technologien und Entwicklungen im Supercomputing noch nicht gehört hat, außerdem Themen zu entdecken, die innovativ und spannend sind und über die zum Teil erst noch veröffentlicht werden muss. Wir befinden uns im HPC vor dem nächsten Leistungssprung und bei den Vorbereitungen auf Systeme, die im Exascale-Bereich arbeiten, also pro Sekunde Rechenoperationen im Trillionenbereich abarbeiten. Das stellt viele Fragen an Architektur, Technik und Prozesse. Zum Vergleich: Der SuperMUC-NG schafft mit seinen 311.000 Rechenkernen 26,9 Billiarden Rechenoperationen. Unter anderem wird es auf der ISC um neue Arten von Beschleunigern, etwa Quantenprozessoren, QPU oder Grafikprozessoren GPU gehen, außerdem um Algorithmen und neue Systemsoftware, die zur Leistungssteigerung beitragen.

Nach welchen Kriterien haben Sie ausgewählt? Schulz: Für das Contributed Programm setzt die ISC auf ein strenges und professionell geführtes Peer-Review-Auswahlverfahren, für die ausgewählte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Forschungsarbeiten und Projekte begutachten. Dadurch wird sichergestellt, dass passend zu Ausstellung und konferenz die besten Arbeiten aus der HPC Community ausgewählt werden. Für das Invited Program sollten die Vorträge zudem länger nachhallen und langfristig Orientierung geben, außerdem zählt natürlich die Qualität der Vortragenden und ihre Beiträge.

Wie hoch ist der Arbeitsaufwand als Program Chair der ISC? Schulz: Da kommt natürlich schon was zusammen, aber es ist im Gegensatz zur US-amerikanischen SC, bei der der General Chair für die gesamte Organisation verantwortlich ist, zum Glück kein Vollzeitjob. Bei der ISC steht man nicht alleine da und die gesamte Logistik wird vom ISC Team gemanagt: Das Team ist sehr professionell organisiert und erfahren, gut eingespielt und unterstützt uns bei allen Schritten. Aber klar, es gibt eine Menge zum Lesen und Abstimmen, vor allem jetzt kurz vor der Konferenz.

Was bedeutet Ihnen die Aufgabe? Schulz: Es ist eine Ehre, als Program Chair gewählt zu werden. 2015 begann das Organisationsteam zunehmend Wissenschaftklerinnen und Wissenschaftler an der Konferenz zu beteiligen, seit Einführung des Contributed Programs gab es noch nicht so viele Proigram Chairs bei der ISC. Es ist eine schöne Aufgabe – weil es um Austausch geht und die ISC eine interessante Veranstaltung ist. Natürlich geht es auch um Sichtbarkeit, die ISC wird normalerweise von rund 3000 bis 4000 Leuten besucht. Die HPC-Community ist nicht groß, fast wie eine Familie, und in der übernehme ich jetzt kurzfristig eine leitende und sehr spannende Aufgabe.

70 Paper, 50 Poster und um
die 20 Workshops im Programm

Was sind Ihre Aufgaben während der ISC ab dem 24. Juni und bis zum 2. Juli? Schulz: Es ist ja eine digitale Veranstaltung, schön ist, dass ich mir selbst viel anschauen kann, schade ist, dass ich keinen persönlich treffen kann. Aber ich freue mich aufs digitale Netzwerken über die neue Event-Plattform, die die ISC neuerdings betreibt. Demnächst starten außerdem die Vorbereitungen für die Eröffnung, die gefilmt wird. Darin begrüße ich die Zuhörenden, stelle die Keynote-Sprecherin Prof. Xiaoxiang Zhu vor und moderiere danach die Frage-Session. Wenn danach alles gut läuft, kann ich zuschauen und zuhören. Aber wahrscheinlich werde ich die ganze Zeit unter Strom stehen, ob irgendetwas schiefläuft – würde die ISC in Frankfurt stattfinden, würde ich wahrscheinlich viel mehr rumlaufen, repräsentieren, Kontakte pflegen und mit den Teams von LRZ, TUM und ISC zusammenarbeiten.

Was ist Ihr persönliches Highlight im Programm? Schulz: Das ganze Programm ist interessant, es wird viele überraschende Vorträge geben, insbesondere das akademische Angebot ist stark geworden. Da freue ich mich schon sehr darauf. Die Gewinnerinnen des PRACE Ada Lovelace-Preises von diesem und letztem Jahr, Dr. Celine Merlet aus Toulouse und Dr. Alice-Agnes Gabriel aus München werden ihre Projekte vorstellen, das ist eine Neuerung im Programm. Und gespannt bin ich außerdem auf die Konferenz-Keynote von Prof. Zhu von der TUM – sie beschreibt am Beispiel Erdbeobachtungsdaten, wie maschinelle Lernalgorithmen und Deep Learning, explorative Signalverarbeitung und Compressive Sensing die Analyse von Big Data im Supercomputing bereichern und verbessern – ein sehr aktuelles und spannendes Thema. (Fragen: S. Vieser/LRZ)