Was Rechenleistung betrifft, sind wir Astrophysiker unersättlich
Der Astrophysiker Hans-Thomas Janka, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Astrophysik und Dozent der technischen Universität München, hat mit seinem Team den SuperMUC besonders gefordert: Ein Gespräch über den Nutzen von Supercomputern und den Datenhunger der Physik.
Mehr als 570 Millionen Rechenstunden am SuperMUC: Herzlichen Glückwunsch, damit waren Sie in den letzten sechs Jahren der Heavy-User dieses Höchstleistungscomputers.
Professor Hans-Thomas Janka: „Für uns war der SuperMUC ein Geschenk. Astrophysiker konnten vorher nur viel kleinere Berechnungen durchfŸhren und damit zweidimensionale Modelle berechnen. Mit dem SuperMUC wurden sogar dreidimensionale Simulationen möglich – das war für uns ein Riesendurchbruch.
Was erforschen Sie mit Hilfe von Supercomputing?
Janka: Mein Team und ich beschäftigen uns mit den Explosionen von Supernovae, den massereichen Sternen und Energiemaschinen im All. Jede Sekunde explodiert irgendwo eine Supernova, in unserer Galaxie sind davon gerade mal zwei bis drei pro Jahrhundert als helle Ereignisse mit dem Teleskop zu sehen. Aus diesen Explosionen bilden sich Neutronensterne, Schwarze Löcher und chemische Elemente. Mit Hilfe der Daten von Supernovae erforschen wir das Entstehen von Metallen, von Materie und des Lebens, außerdem die Rolle dieser Sterne im All.
Warum schafft die Astrophysik so große Datenmengen?
Janka: Wir erhalten zwar viele Daten von Sternen und Explosionen aus dem Kosmos durch die Messung von Strahlung, Elementarteilchen oder Gravitationswellen. Aber wir können nur wenige Entwicklungen wirklich beobachten. Daher entwickeln Astrophysiker zur Auswertung Modelle und berechnen diese mit Hilfe von mathematischen und physikalischen Gleichungen. So entstehen leicht Terabytes von Daten, die wir nur mit Hoch- und Höchstleistungscomputern analysieren oder visualisieren können.
Wie können Sie sicher sein, dass die Modelle und Algorithmen zur Auswertung stimmen?
Janka: Astrophysiker brauchen Geduld für die Bestätigung ihrer Theorien. Sicher können Vorhersagen durch den Vergleich von unterschiedlichen und unabhängigen Berechnungen gestützt werden, aber Sicherheit folgt erst aus der Beobachtung und Messung. Modelle für die Kollision von zwei Neutronensternen, die ich mit Kollegen in den 1990er Jahren entwickelt habe, konnten erst 20 Jahre später in der Wirklichkeit nachvollzogen werden.
Supercomputing und Astrophysik – wie entwickelt sich die Partnerschaft weiter?
Janka: Was Datenmengen und Rechenleistung betrifft, sind wir unersättlich. Viele Modelle können wir heute nur zweidimensional berechnen, außerdem würden wir gerne die Auflösung von dreidimensionalen Rechnungen von zwei auf ein Grad verfeinern – diese Verdopplung würde aber die Rechenzeit von heutigen Computern mindestens verachtfachen.
Und wozu brauchen Sie ein Rechenzentrum wie das LRZ?
Janka: Obwohl wir die meisten Algorithmen selbst schreiben – die UnterstŸtzung bei der Portierung der Daten und Applikationen oder bei der Visualisierung ist enorm hilfreich. Das LRZ hat viele Kompetenzen aufgebaut, die wir nicht haben. Sie werden in den kommenden Exascale- und vielleicht Quantencomputer-Zeiten noch wichtiger, weil die Maschinen und ihre Programme noch komplexer werden.