Begrüßungsansprache von Prof. Dr. Heinz-Gerd Hegering
Begrüßungsansprache am Einweihungstag des Höchstleistungsrechners
Prof. Dr. Heinz-Gerd Hegering
Vorsitzender des Direktoriums des Leibniz-Rechenzentrums
München, den 28. Juni 2000
Sehr geehrter Herr Staatsminister Zehetmair
Sehr geehrter Herr Staatssekretär Dr. Thomas
Sehr geehrter Takeshi Nakane-san Generalkonsul von Japan
Sehr geehrte Repräsentanten der Firma Hitachi, namentlich Takao
Kato-san
Sehr geehrte Präsidenten und Magnifizenzen
Sehr geehrte Vertreter der Presse
Sehr geehrte Festgäste
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
"Schnelle Rechner - schnelle Netze". Unter diesem Motto haben wir vor knapp 2 Jahren hier im LRZ im Beisein des damaligen Staatsministers in der Staatskanzlei Prof. Faltlhauser und des damaligen Bundes-Wissenschaftsministers Dr. Rüttgers sowohl das Gigabit-Testbed des DFN-Vereins als auch den Bayerischen Landeshochleistungsrechner Siemens/Fujitsu VPP700 eingeweiht.
Alle Sprecher haben damals darauf hingewiesen, dass es bei den Eckpfeilern einer IT-Versorgung, nämlich Rechner - Netze - Speicher, ausbalancierter Infrastrukturen hoher Leistungskapazität bedarf, um eine geeignete Basis für die Abdeckung der stets wachsenden Kommunikationsanforderungen und der immer bedeutenderen Möglichkeiten des technisch-wissenschaftlichen Rechnens zu schaffen. Alle Sprecher befürworteten seinerzeit den Schritt zum Gigabitnetz und zum Teraflops-Rechner. Nun, Visionen von damals wurden inzwischen Realität, und den Satz "Kühne Visionen werden Realität" haben wir auch als Leitmotiv des heutigen Tages gewählt. Das nationale Gigabit-Wissenschaftsnetz des DFN wird übermorgen in Berlin durch die Ministerin Bulmahn eingeweiht; der erste Teraflopsrechner Deutschlands wird jetzt hier und heute offiziell in Betrieb genommen durch den Bayerischen Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Hans Zehetmair, und den Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, Dr. Thomas. Die betriebsbereite Anlage wird gegen Ende dieser Festveranstaltung übergeben vom Vertreter der Lieferfirma Hitachi, dem President & Chief Executive Officer Information & Computer Systems Takao Kato-san.
Für das Leibniz-Rechenzentrum, für die Bayerische Akademie der Wissenschaften, für Bayern und für die deutsche Wissenschaft insgesamt ist heute ein großer Tag. Die Inbetriebnahme des neuen Systems ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Standortsicherung der deutschen Wissenschaft, und Bayern unterstreicht erneut seine Spitzenposition bei der Unterstützung innovativer Technologien der Wissensgesellschaft. Ein Supercomputer ist mehr als jedes andere Forschungsgerät ein interdisziplinäres Instrument der Forschung. Er ist in vielen Disziplinen anwendbar, mit Simulationen lassen sich umwelt- und materialschonend viele Probleme angehen; die ungeheure Leistungsfähigkeit gestattet auch die Untersuchung völlig neuer Fragestellungen oder den Einbezug von Ergebnissen bei Problemlösungsansätzen innerhalb einer für einen Entwicklungsprozess sinnvollen Zeitspanne.
In seiner ersten Ausbaustufe bereits liegt eine Leistungsfähigkeit von 1.34 Tflops vor, eine Zahl, die normales Vorstellungsvermögen übersteigt. Folgendes Beispiel kann hilfreich sein: Wenn die Aufgabe bestünde, mit nur 1 mm dicken Nägeln dicht an dicht einen Ring um den Äquator zu nageln und eine Operation als das Setzen eines Nagels definiert ist, dann bedeutet 1.34 Tflops, dass das System in nur einer einzigen Sekunde fähig ist, 30 mal eine komplette Nagelreihe um die ganze Erde zu setzen. Eine unglaubliche Vorstellung! - Auf seriöse Anwendungsbeispiele und die Bedeutung des Supercomputings für Wissenschaft und Wirtschaft wird heute ja noch öfter eingegangen werden.
Dass wir heute dieses System einweihen können, hat intensiver Vorbereitung bedurft und das Zusammenspiel vieler Kräfte erfordert. Dabei galt es auch, einige Hürden zu überwinden.
Dafür möchte ich Dank sagen! Zunächst einmal der bayerischen Staatsregierung, und dabei insbesondere dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, für die intensive Unterstützung unseres Antrags von Anfang an, insbesondere auch, als die Wogen beim Wissenschaftsrat stürmisch waren.
Dank auch dem Bayerischen Landtag für die Bewilligung der Mittel in Höhe von 60 Millionen Mark; der Bund beteiligt sich im Rahmen der HBFG-Förderung mit 30 Mio. Ein Dankeschön an die DFG und die Kommission für Rechenanlagen, sowie die Gutachterausschüsse des Wissenschaftsrates. Unter anderem hat die Befassung mit unserem Antrag zu einer neuerlichen Empfehlung des Wissenschaftsrates "zur künftigen Nutzung von Höchstleistungsrechnern" geführt, die jetzt am 12. Mai 2000 verabschiedet wurde und sich mit dem Stellenwert des Höchstleistungsrechnens und Anforderungen an ein nationales Versorgungskonzept befasst. Am Auswahl- und Genehmigungsprozess beteiligt waren auch der bayerische interministerielle Koordinierungsausschuss und selbstverständlich Benutzervertreter und die Kommission für Informatik der BAdW, die das LRZ betreibt. Dank gebührt ebenfalls dem Bauamt TU für die über das übliche Maß hinausgehende unkonventionelle Unterstützung bei der Realisierung der notwendigen baulichen Maßnahmen (u.a. musste die Klimaanlage und Stromversorgung nennenswert nachgerüstet werden); auch dem Ministerium bescheinige ich gerne besondere Initiative und unbürokratisches Vorgehen in etlichen terminlich brenzligen Situationen. In diesem Kontext möchte ich die Namen Ministerialrat Willisch und Oberbaurätin Gehrken besonders erwähnen.
Schließlich muss ich noch die Firma Hitachi nennen. Wir haben es fast nicht zu hoffen gewagt, dass die Lieferung und Installation des Systems noch pünktlich zustande kommen könnte, wurde doch der Vertrag erst im Oktober letzten Jahres unterzeichnet und handelt es sich bei dem System dieser Größe doch noch um ein Unikat. Doch den Bienenfleiß der japanischen Truppe konnten wir während der Abnahmephase selbst in Augenschein nehmen. Wir denken, dass hier eine gute Basis für eine fruchtbare Kooperation gelegt wurde.
Last but not least möchte ich meine Mitarbeiter im LRZ dankend erwähnen. Wir haben alle miteinander längst gemerkt, dass der Besitz eines solch herausragenden Systems nicht nur Ehre und Chance bedeutet, sondern auch handfeste und fordernde Arbeit. Dies gilt nicht nur für die Zeit der vielen Anträge und Anhörungen sowie die Auswahlphase, für die Zeit der vorbereitenden Baumaßnahmen und Systeminstallationen oder für die Abnahmetests, sondern auch für die Vorkehrungen für den Regelbetrieb. Dies alles hat viel Zeit, Kraft und Engagement gekostet.
Der Lenkungsausschuss für die Nutzung des neuen Systems hat sich inzwischen unter dem Vorsitz der Kollegen Wagner aus Stuttgart und Hanke aus Würzburg ebenso konstituiert wie das begleitende Kompetenznetzwerk für das wissenschaftliche Höchstleistungsrechnen in Bayern (KONWIHR). Das Gutachterverfahren für Projektanträge ist eingeleitet; die bereits jetzt vorliegenden Anträge würden die Systemkapazität auf mehr als 2 Jahre um den Faktor 2 überbuchen. Dies zeigt eindrücklich, wie sehr dieser Höchstleistungsrechner von der Wissenschaft erwartet wurde.
Das LRZ ist nun gerüstet für eine neue Ära des technisch-wissenschaftlichen Höchstleistungsrechnens in Deutschland.
Ich danke Ihnen allen, dass Sie uns bei diesem ersten Schritt in diesen neuen Zeitabschnitt begleiten.